Samstag, 12. April 2008
Zwei Erinnerungen an Leipzig sind mir noch eingefallen.
Ich muss gestehen, dass ich von den befürchteten Ausschreitungen wenig mitbekommen habe, außer dass einmal eine Kolonne Mannschaftswagen der Polizei vorbei fuhr. Zwar hat jeder Taxifahrer in einer spannenden Mischung aus Lokalstolz und –angst von dem neuen Stadion und den Fan-Prügeleien erzählt, aber auch das ging vollkommen an mir vorbei.
Was ich allerdings bemerkte, war der Stapelschwund am Heyne-Stand. Nun ist Diebstahl auf Messen ein weit verbreitetes Phänomen – eine Verlagsmitarbeiterin erwähnte sogar einmal stolz das meist gestohlene Buch ihres Verlags, was damals wie eine Art Auszeichnung präsentiert wurde. Tatsächlich gilt die Faustregel: je begehrter ein Buch, desto mehr Schwund. Manchmal kann man daran praktisch kommende Bestseller erkennen. Aber wie geht man als Autor damit um, wenn der Stapel mit dem eigenen Buch merklich kleiner wird, obwohl es keinen Verkauf gibt?
Ganz ehrlich: es war eine seltsame Mischung aus Freude und schlechtem Gewissen dem Verlag gegenüber. Ich stand in der Nähe und unterhielt mich mit einigen befreundeten Autoren, als mir auffiel, dass wieder ein Buch verschwunden war. Einer der zehn Leute am Büchertisch musste es eingesteckt haben. Aber wer? Die nette Dame mit der Brille? Die junge Mutter mit dem Kinderwagen (angeblich ein bevorzugter Ort, um die „Ware“ zu verstecken)? Die beiden Jungs mit den Metal-Shirts? Und was tun? Ein Hechtsprung quer über den Bücherstapel, den vermeintlichen Täter am Schlafittchen gepackt, Bücher fliegen umher, Schreie; das ist natürlich spektakulär, aber wenn es nun die die süße Omi war? Saalwächter-rufen hat den Ruch von Denunziantentum, und man fühlt sich irgendwie schmierig. Der erste Impuls ist natürlich, den Stift zu zücken und hinterher zu rennen: „Möchten Sie eine Widmung in das Buch?“
Ich habe dann einfach geschwiegen. Nun nicht ganz, den Scherz mit der Widmung habe ich natürlich schon auf der Messe gebracht. Immerhin, ein Leser mehr, und dafür schreibt man im Endeffekt nun einmal die Bücher.